Das Konzept
"Marca brandenburgensis anno domini 1260" steht seit 2001 für Recherche und Präsentationen zur märkischen Sachkultur des Hochmittelalters in Zusammenarbeit mit Museen und bildungspolitischen Einrichtungen. Seit 2003 besteht eine ständige Kooperation mit dem Stadtmuseum Berlin, insbesondere mit dem Museumsdorf Düppel.
Hintergrund
Wir sind eine Gruppe von Leuten aus unterschiedlichsten beruflichen Sparten, die alle eines gemeinsam haben: wir interessieren uns für Geschichte und insbesondere für die Alltagskultur des Hochmittelalters. Und obwohl uns die Recherche zum Thema, das "Wälzen" von Fachpublikationen, der Austausch mit Historikern und interessierten Laien aus ganz Europa sowie der Besuch von Museen und historischen Städten in und um Berlin großen Spaß bereiten, haben wir festgestellt, daß wir gerne noch einen Schritt weiter gehen möchten: Wir wollen versuchen, das Alltagsleben im 13. Jahrhundert zu rekonstruieren, um möglichst viel über den hochmittelalterlichen Alltag zu erfahren. Die Freude an Recherche und Heimatforschung, dem Herstellen der Ausrüstung und nicht zuletzt der Publikumsarbeit auf öffentlichen Veranstaltungen sind unsere Motivation. Wir legen Wert darauf, daß sich unsere Mitglieder mit den allgemeinen geschichtlichen Hintergründen der Epoche, aber auch mit den spezifischen Hintergründen ihrer Darstellung beschäftigen.
Die Gruppe stellt Alltagsleben in der Mark Brandenburg im Zeitraum von 1240 bis 1270 dar. Auf diesen Zeitraum und diese Region haben wir uns ganz bewußt beschränkt, da zu dieser Zeit – während der Regentschaft der askanischen Markgrafen Johann I und Otto III - die deutsche Ostkolonisation im märkischen Raum ihre Blütezeit erlebte. So erscheint beispielsweise die erste urkundliche Erwähnung Berlins im Jahr 1237. Die Geschichte des Großraums Berlin und Brandenburg, also der Mittelmark, umfaßte im 13. Jahrhundert neben der frühstädtischen Entwicklung vor allem die Geschichte der ländlichen Siedlungen und des Agrarwesens, die Geschichte der Dörfer und der ländlichen Bevölkerung. Es kam zum Kontakt und zum Teil auch zur Vermischung von slawischer und deutscher Kultur, wodurch sich die Alltagskultur in dieser Region in mancher Hinsicht von der in anderen Gebieten Deutschlands unterschied.
Unser Tätigkeitsfeld sehen wir im museumspädagogischen Bereich. Darüber hinaus engagieren wir uns für den Denkmalschutz und archäologisch-edukative Projekte, insbesondere in Berlin/Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. In diesem Rahmen arbeiten wir mit Museen, Museumsdörfern, Schulen oder auch historisch ausgerichteten Interessengemeinschaften zusammen.
Präsentation hochmittelalterlicher Sachkultur
Wir verfolgen das Konzept der "Living History", d. h. erlebbarer Geschichte in der Art eines kleinen "Museums zum Anfassen". Wir bringen dem interessierten Besucher das hochmittelalterliche Alltagsleben näher, indem wir in historischer Kleidung verschiedene handwerkliche Tätigkeiten und Alltagsgegenstände vorführen. Der interessierte Besucher erhält die Gelegenheit, die mittelalterlichen Alltagsgegenstände anzufassen und auszuprobieren.
Unsere Präsentationen können je nach Veranstaltungsort und –Intention entweder in Form eines Informationsstandes oder aber durch den Aufbau eines hochmittelalterlichen Zeltlagers erfolgen. Wir stehen auch gerne für übergreifende Konzepte wie historische Modenschauen oder Ausstellungen zu besonderen Themen aus der Alltagskultur zur Verfügung. Für kulturelle Veranstaltungen können wir kurzfristig Material, beispielsweise anhand von Postern, aus der eigenen Recherchearbeit zur Verfügung stellen. Zur intensiveren Wissensvermittlung bieten wir auch Seminare und Vortragsveranstaltungen an.
Alle präsentierten Ausrüstungsgegenstände sind aus historisch korrekten Materialien gefertigt und anhand von archäologischen Funden und/oder Text- und Bildquellen für unseren Darstellungszeitraum belegt. Soweit möglich, bemühen wir uns dabei um eine enge regionale Begrenzung auf die Mark Brandenburg. Die Gruppe stellt einen märkischen Ministerialenhaushalt sowie städtisches Handwerk dar. Auf diese Weise kann sowohl die einfache Alltagskultur als auch das Kriegs- und Waffenwesen des 13. Jahrhunderts demonstriert werden. Die Ausrüstung umfaßt hochmittelalterliche Kleidung und Kleidungsaccessoires für die niederadligen, städtischen und bäuerlichen Stände, Küchenutensilien, Gerätschaften für Textilbearbeitung und einfaches Handwerk, Rüstungsbestandteile, Waffen, sowie einfaches hochmittelalterliches Mobiliar und Zelte.
Zu den genannten Bereichen stehen Belegmappen zur Verfügung, außerdem halten wir dazu und zu weiteren, allgemeineren Themen der märkischen Geschichte Handzettel zum Mitnehmen für Besucher bereit.
Demonstrationen und Vorführungen
Die hochmittelalterliche Kleidung sowie Rüstung und Waffen können anhand von Moden- und Rüstschauen oder Ankleide-Aktionen für einen größeren Publikumskreis veranschaulicht werden. Dabei erläutern wir einerseits die grundsätzlichen Bestandteile der Tracht im 13. Jahrhundert von der Unterwäsche, über Schuhe und Kleidungsaccessoires bis hin zur Kopfbedeckung, und demonstrieren andererseits auch die Trachtunterschiede zwischen den verschiedenen Ständen. Diese Vorführungen können bezüglich der Dauer und Ausführlichkeit an das Veranstaltungsprogramm und das jeweilige pädagogische Konzept angepaßt werden. Wir gliedern uns auch gerne in zeitübergreifende Demonstrationen ein.
In Form des hochmittelalterlichen Lagers präsentieren wir die Trachtbestandteile bei der Ausübung von Alltagsfertigkeiten. Waffen- und Rüstung werden dann im Lager ausgestellt und den Besuchern anschaulich demonstriert. Regelrechte "Publikumsschlager" sind dabei der vernietete Kettenpanzer mit zugehöriger Stoffrüstung (Gambeson, Coif und Coller), Topfhelm und Eisenhut sowie das Statussymbol des Ritters, das zweischneidige Hiebschwert.
Küchengerätschaften stehen im Lager zur Anschauung bereit und werden auch zur Zubereitung typischer mittelalterlicher Gerichte eingesetzt. Wir präsentieren hochmittelalterliche Keramik (märkische graue Irdenware, Faststeinzeug vom Pingsdorfer und Siegburger Typ); geschnitzte und gedrechselte Schalen und Mollen; handgeböttcherte Eimer, Fässer und kleine Daubengefäße; Löffel, Steckangelmesser (teils mit Griffplättchenverzierung), Wasserflaschen sowie hochmittelalterliche Gläser. Kugeltopf und Grapen – neben der einfachen keramischen Form präsentieren wir auch einen hochwertigen Bronzegrapen - werden im offenen Feuer eingesetzt. Feuermachen mit Eisen, Stein und Zunderpilz wird vorgeführt und lädt zum Ausprobieren ein. Alternativ zur praktischen Vorführung können die Gerätschaften im Rahmen eines Infostandes präsentiert werden. Dazu werden verschiedene heute eher unübliche Getreidesorten und Kräuter sowie typische mittelalterliche Lebensmittel erläutert.
Hochmittelalterliches Handwerk wird im Lager einerseits direkt vorgeführt, der interessierte Besucher kann die Techniken jedoch auch einzeln erläutert bekommen und selbst ausprobieren. Zu den Demonstrationen zählen Textilhandwerk (Spinnen und Zwirnen mit der Handspindel, Brettchen- und Kammweben, verschiedene Flechttechniken, Naalbinding sowie Nähen von Trachtbestandteilen mit Knochen- und Buntmetallnadeln). Mittelalterliche Handwerke wie die Seilerei mittels einer einfachen Seilerbahn, Schusterarbeiten, Textilfärberei und vielfältige Holzbearbeitung werden demonstriert und erläutert. Der Gebrauch der einfachen Wachstafel, des Diptychons, wird ebenfalls aufgezeigt. Alle Demonstrationen können auch im Rahmen eines Infostandes erfolgen.
Einen direkten Eindruck des hochmittelalterlichen Alltagslebens erhält der Besucher vor allem durch das Lagerleben. Dabei können wir bis zu fünf hochmittelalterliche Kegelzelte in zeitgenössischer Konstruktion aus Leinen aufbauen. Die Zelte sind mit strohgefüllten Schlafsäcken und handgeflochtenen Weidenkörben eingerichtet. Als Mobiliar für das Lager dienen einfache gezapfte Tische und Bänke. Alltagsgegenstände wie mittelalterliche Lichtquellen (Kienspäne, Talglichter, Bienenwachskerzen, rohhautbespannten Laternen nebst entsprechenden Haltern), Werkzeuge (Spaten, Äxte, Löffelbohrer, Spannsäge) oder auch Kinderspielzeug runden die Darstellung ab. So gelingt ein Einblick in das einfache dörfliche Leben. Obwohl das Zeltlager in dieser Form belegbar ist, wird deutlich darauf hingewiesen, daß es nur als Hilfsmittel zur Präsentation dient und der dargestellte märkische Ministerialenhaushalt eigentlich im mittelalterlichen ‘Anger- oder Straßendorf ‘zu Hause‘ ist. Bei Veranstaltungen in entsprechenden Freilichtmuseen kann auf das Zeltlager verzichtet werden. Stattdessen werden dann die vorhandenen Gebäude ‘belebt‘.
Kooperationen und Referenzen
Marca brandenburgensis AD 1260 steht in lebhaftem Austausch und Kontakt mit Archäologen - insbesondere vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, BLDAM -, Historikern sowie Fachleuten verwandter Disziplinen, wie namhaften Kostümkundlern.
Auf Einladung
durch die Organisatoren (BLDAM, Museum Viadrina, Untere Denkmalschutzbehörde
der Stadt Frankfurt/Oder, Archäologische Gesellschaft in Berlin und Brandenburg)
präsentierten wir die Arbeit unserer Gruppe im Rahmen eines Vortrags sowie
mit einer Vorführung zum Thema 'Mode im Mittelalter' auf dem 12. Frankfurter
Archäologentag einem breiten Fachpublikum mit sehr positiver Resonanz.
Das Foto eines rekonsturierten hochmittelalterlichen Spatens aus unserem Fundus
im Praxiseinsatz findet sich zu unserer besonderen Freude in der aktuellen archäologischen
Landesausstellung im Pauli-Kloster in Brandenburg .
Neben unserem ständigem Engagement innerhalb
des Stadtmuseums Berlin (Museumsdorf Düppel; dabei speziell die Sonderveranstaltungen
"Alltag im Mittelalter" sowie "Zwischen Schwert und Spindel")
arbeiten wir bereits seit mehreren Jahren mit dem Projekt "Castrum Turglowe"
in Torgelow (Rekonstruktion einer hochmittelalterlichen Siedlung und Burg-Anlage)
sowie mit dem Kreisarchäologen von Quedlinburg, Dr. Oliver Schlegel, im
Rahmen der jährlichen Living-History-Veranstaltung zum Tag des offenen
Denkmals zusammen. Die Gruppe hat außerdem die Ausstellung
"Eberswalder Ausgrabungs(Ge)schichten" im Museum in der Adlerapotheke
in Eberswalde unter Leitung des Archäologen Dr. Christof Krauskopf aktiv
durch Präsentationen unterstützt. Weitere Museumsaktivitäten
umfaßten beispielsweise Living-History-Vorführungen im Rahmen der
Ausstellung "Die ersten Tuchener" in der Fachwerk-Kirche Tuchen. Eine
Ausstellung des Rudower Heimatvereins zum Thema historisches Spielzeug unterstützten
wir durch Vorführungen und Präsentationen zum Thema "Spiel und
Spielzeug" im Mittelalter. Der Einladung verschiedenster Freilichtmuseen
zu Präsentationen und Living-History-Veranstaltungen folgt Marca brandenburgensis
AD 1260 immer wieder gerne, so zum Beispiel des kreisarchäologische Museums
in Meppen oder der "Bachritterburg" in Kanzach, einer rekonstruierten
Holzburg mit Hofanlage.
2008 präsentierten wir in der Urania/Berlin eine Vorführung zum Thema
'Mittelalterliche Mode auf dem Laufsteg' im Rahmen der Sonderveranstaltung zur
800-Jahr-Feier des Brunnenbaus im Museumsdorf Düppel.
Seit 2003 initiiert und organisiert Marca brandenburgensis AD 1260 erfolgreich und publikumswirksam die eigenständige Living-History-Veranstaltung "Märkisches Leben zur Zeit der Askanier", insbesondere in den beiden regionalen Freilichtmuseen Museumsdorf Düppel/Berlin sowie Castrum Turglowe/Torgelow.
Kontakt
Haben Sie Fragen, wünschen Sie mehr Informationsmaterial oder sind Sie an Austausch oder Zusammenarbeit mit uns interessiert, dann wenden Sie sich bitte an uns.Marca brandenburgensis AD 1260
Märkisches Leben zur Zeit der Askanier
Ihre Ansprechpartner:
Dr. Ruth Hirschberg und Joachim Meinicke
Salmbacher Straße 15, 12349 Berlin
Telefon: 030 – 3 82 23 09 (AB)
marca.brandenburgensis@freenet.de